Thomas Buhé
Interview von Andreas Polte für ARCHTOP GERMANY
© Thomas Buhé
Herr Buhé, wie sind sie überhaupt auf Archtops gekommen?
Als ich 1946 die während der Kriegsjahre in Leipzig eingelagerte “Roger”-Gitarre meines Bruders, Klaus Buhé im Luftschutzkeller fand, war dies die erste und einzige Erfahrung mit einem gitarreähnlichen Instrument. Fasziniert war ich bereits im Jahr 1936 durch das filigrane Duo-Spiel meines Bruders mit seinem Freund und Lehrer Hans Korseck. Dieser Sound -ergänzt durch frühe Schallplatten von Django Reinhardt- prägte mich zeit lebens.
Welchen Stellenwert nehmen Archtops, gemessen an ihrem gesamten öffentlichen Gitarrenspiel, ein?
Abgesehen von gelegentlichen “Seitensprüngen” mit Solidbody-Gitarren oder Halbresonanz-Modellen für Spezialaufgaben “ernährte” mich nur die Archtop. Vgl. “Mein Kaleidoskop” Seite 353.
Sie erwähnen das Buch „Mein Kaleidoskop“.
Es ist ihre sehr lesenswerte Autobiographie.
Wie sind sie auf die Idee gekommen es zu schreiben?
Die Gründe, eine Art Biographie zu schreiben, lassen sich kurz, wie im Klappentext (Rückseite meines Buches) definieren, aber auch als Versuch zur Darstellung des Neubeginns 1945 nach dem Zusammenbruch des Staates - nicht als Historiker oder Literat, sondern aus der “Wurmperspektive”. Skurril, wie daraus ein Musiker, gar ein Archtop-Fan wurde. Das Schreiben erwies sich darüber hinaus als eine nützliche geistige Gymnastik.
Welche Archtops besitzen sie?
Ich habe eine Roger Super Cutaway (mit D´Armond-Pickup) von 1954 und eine Otwin Olymp Naturell (mit Schaller Pickup) von 1949.
Welche davon ist ihr Favorit im musikalischen Einsatz?
Die Roger Super.
© Andreas Polte - spielt auf der ROGER SUPER Cutaway
Welche Saiten spielen sie darauf?
Thomastik Infeld Bronze round wound medium, daneben machte ich unzählige andere Versuche.
Welchen Amp bevorzugen sie im Livebetrieb für ihren Archtop-Sound?
Nach mehreren abenteuerlichen Eigenbauverstärkern auf Röhrenbasis hatte ich ab 1957 Gibson GA 6, 20 Watt - ich spiele ihn bis heute.
Wie nehmen sie ihre Archtops für Aufnahmen im Studio gerne ab?
Im Rundfunkstudio gelegentlich über einen Marshall und Fender oder per Direktabnahme der Gitarre. Der Mix erfolgte im Studio über Kopfhörer.
Welches ist die beste Archtop, die sie je in der Hand hatten?
Den besten Klang erfuhr ich bei einer Epiphone auf der Frankfurter Musikmesse, wo ich auch den uralt wirkenden Herb Ellis an einer Gibson L5 begrüßen konnte. Überraschend gut waren auch einige Japaner. Die besten Hälse jedoch bekam ich maßgeschneidert in Handarbeit von einem Markneukirchener Meister sowie für den Umbau meiner Roger (Verbreiterung und Stahlstab) durch die “Legende” Georg Schulze aus Leipzig.
Welche Archtop würden sie gerne einmal spielen?
Ich surfe gerne auf vielen interessanten Gitarren, freue mich aber, wenn ich wieder “zu Hause” bin.
Ihre Biographie ist ein Stück Zeitgeschichte, gesehen und erlebt aus der Blickrichtung eines Musikers. Sie erzählen aus der Zeit des Naziregimes und aus der Zeit der ehemaligen DDR. Leider endet das Buch etwa zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung. Was haben sie seit dieser Zeit gemacht?
© Thomas Buhé
Erzählen sie uns etwas mehr über die Jazzgrößen und Sessions?
Den Aktivitäten des Leipziger Jazzclubs und dem Wohlwollen des berühmten Gewandhaus-Kapellmeisters Prof. Kurt Masur verdanken wir etwa seit Ende der 80er Jahre das Zustandekommen einiger sensationeller Jazzkonzerte internationaler Jazzorchester und -solisten, ähnlich dem unvergesslichen Debut Benny Goodmans in der Carnegie Hall. Auch in Leipzig bewirkte das ein hörbares Aufatmen weit über den Kreis der Jazzfans hinaus. Hier eine grobe Übersicht:
Oskar Peterson mit Ray Brown und Herb Ellis, Modern Jazz Quartett, Ella Fitzgerald und Orchester, Dizzy Gillespie und Orchester, Lionel Hampton, Tommy Flanagan, Archie Shepp, Maynard Ferguson Georg Grunz mit einigen DDR-Kollegen, Toshiko Akiyosho, Charly Mariano.
Später John McLaughlin, Al di Meola, Paco DeLucia. John Etheridge, Vic Juris
Es gab auch einen Workshop in der Musikschule Nordhausen bei Matthias Wilhelm (Weimar) mit Peter Autschbach, Joe Sachse und einen Workshop mit John Abercrombie an der Hochschule in Weimar.
Die Gespräche und Begegnungen mit diesen Musikern aus der “großen weiten Welt” waren und sind Anregungen, aber auch Bestätigung für die Jahrzehnte langen Bemühungen um das weite Feld des Jazz.
© Thomas Buhé
Gibt es unter ihren Studenten einige, die die Vorliebe ihres Dozenten für eine Archtop heute teilen?
© HR
Ich weiß, dass sie in den letzten Jahren trotz ihre hohen Alters noch Konzerte gegeben haben. Was waren das für Konzerte?
Das Wort ist zu hoch gegriffen. Die kleine Tournee und die CD mit Uwe Markert “Steps between chairs” bei denen ich bescheiden mitmischte und Spaß hatte, waren meine letzten Aktivitäten vor meinem Armbruch im Mai 2004. Alljährlich im Herbst trifft sich unser “Altherren-Jazzer-Kreis” (von denen ich der älteste bin) seit vielen Jahren nebst Ehefrauen an markanten Stätten; z.B. Wartburg, Schloss Friedrichsbrunn, in exponierten Ferienobjekten. Wir spielen dann im Stil von Dixieland, Swing und Bop. In unserem Kreis sind Ärzte, Wissenschaftler, ein Musikproduzent, ein Gewandhausdirektor und andere vertreten. Wir demonstrieren, dass ein Leben ohne Musik unvollständig ist.
Das Interview von A. Polte wurde geführt am 12.06.2005
Vielen Dank an Andreas Polte & ARCHTOP GERMANY