Soli-Schlaggitarren von Uli Weber


Trotz intesiver Recherchen ist es mir bislang nicht gelungen herauszufinden, welcher Name oder welche Firma hinter der Marke Soli steckt. Der Firmensitz könnte im Raum Erlangen/Bubenreuth gelegen haben. Die Hardware-Ausstattungen lassen auf einen westdeutschen Hersteller schließen. Ich schließe allerdings auch nicht aus, dass „Soli“ das Label eines Großhändlers war, der Instrumente bei verschiedenen Herstellern oder auch Korpi und Hälse im europäischen Ausland (DDR, Tschecheslowakei, Österreich) anfertigen ließ. Die mir bislang bekannten Soli-Schlaggitarren-Modelle weisen etliche übereinstimmende Merkmale auf, die auf einen einzigen Hersteller schließen lassen. Für neue Hinweise wäre ich übrigens dankbar.
Bislang habe ich etwa ein Dutzend Soli-Schlaggitarren gesehen und diese 5 bis 6 verschiedenen Modellen zugeordnet. Neben den im Folgenden vorgestellten Modellen gab es auch eine 16 ´´- Semiakustik mit 5 cm tiefen Mahagoni-Zargen, Mahagoni-Boden, dreiteiligem Hals und aufwendigem Zierrat. Es gab ein preiswertes 16´´ - Modell aus Sperrholz mit tropfenförmigen Schallöffnungen (Teardrops), einfachen Bindings und einteiligem Ahornhals, sehr ähnlich Höfners Archtop-Modell 462. Es mag sein, dass es noch weitere Modell ähnlich der unten vorgestellten „Record“ gab, eines preisgünstiger aus Sperrholz gebaut, ein anderes mit Mahagoni-Boden und -Zargen. Es gab das blonde und das rot-schwarze (Black-Rose) Finish. Bislang habe ich nur Cutaway-Modelle gesehen. Interessanterweise gibt es zu jedem mir bekannten Modell auch eine oder mehrere „Schwestern“ bei anderen Herstellern. Vermutlich hat Soli bei diesen anderen namhaften Herstellern Hopf, Framus, Höfner, Astro und Hoyer bis hin zur Modellbezeichnung abgekupfert (oder war es umgekehrt?) – und das auf hohem Niveau.
Es gibt bei allen Modellen gemeinsame Merkmale, die eine Identifizierung einer Soli-Schlaggitarre in Grenzen möglich machen. Diese Merkmale tauchen einzeln auch bei anderen Herstellern auf, so dass die Kombination mehrere Merkmale an einem Instrument zutreffen muss, um eine eindeutige Zuordnung zu erreichen. Die schlicht und gefällig geformten F-Schallöcher tauchen bei allen F-Loch-Modellen auf, ähnliche wurden bei den Herstellern Hopf und Astro verwendet. Neben den tropfenförmigen wurden auch sichelförmige Schallöcher gebaut. Die abgewinkelte Kopfplatte ist nicht angesetzt und schlank, ihr oberer Rand ist asymetrisch ausgebildet. Der Übergang Kopfplatte/Hals weist einen kleinen Kragen auf ähnlich wie bei Höfner-Gitarren und es wurde immer ein Nullbund verwendet. Hälse höherwertiger Modelle sind 5- bis 7-fach verleimt, einen Einstellstab habe ich bislang nur bei den Mahagoni-Modellen gesehen. Der Halsfuß ist einteilig, angesetzt und verjüngt sich nach unten. Korpusseitig sind Halsklotz und Cutaway-Zarge an diese Verjüngung angepasst, so dass die Greifhand hier komfortabel agieren kann. Die korpusseitigen Halsenden schweben komplett über der Decke, eben klassische deutsche Bauart. Die Decken sind mit 2 parallelen Verbalkungen verstärkt, die Böden ohne Verbalkung. Die verwendeten Hölzer der hier vorgestellten Archtops sind von sehr guter und gleichmäßiger Qualität, ebenso hochwertig ist die Verarbeitung.
Spezial de Luxe
© Uli Weber
Der Hals hat eine Mensur von 64 cm und ist aus sieben Schichten Ahorn und Birnenholz verleimt. Der sich verjüngende Halsfuß ist angesetzt. Die schlanke Kopfplatte ist vorderseitig mit schwarz gebeitztem Ahorn und Raute-Einlage furniert, sie trug ursprünglich hochwertige Bandmechaniken, welche ich später austauschen ließ. Der Wiesbadener Gitarrenbauer Christian Stoll hat den Hals gerichtet, diesen mit einem Gewindestab und mit einem Ebenholz-Griffbrett versehen. Die ursprünglichen Block-Einlagen wurden durch ebenfalls zeitgemäße Band-Einlagen ersetzt und auf den Nullbund habe ich gerne verzichtet.
Nicht wirklich gewöhnungsfähig war das ursprüngliche fast rechteckige und kräftige Halsprofil. Das ließ ich später ändern, so dass die Spezial de Luxe heute mit modernem Halsprofil wie angenehmer Saitenlage verwöhnt. Die original montierte Tonabnehmer-Garnitur (im Katalog „Mischpult“ bezeichnet) stammt wohl aus dem Hause „Ideal“ und wurde seinerzeit wohl auch von anderen Herstellern montiert. Die Schaltung ist denkbar einfach, 2 Lautstärke-, 2 Ton-Regler, wobei der Lautstärkeregler des Stegtonabnehmers bei Null den TA dann abschaltet.
Akustisch entfaltet die Spezial de Luxe über alle Lagen einen ausgeglichenen und vollen Klang mit einem gesunden Höhenanteil, der Anschlag wird nuancenreich und weich umgesetzt. Diese große Gitarre ist auch mit den aufgezogenen 13er-Flatwounds nicht laut, was auch an der großen, eines der Schallöcher komplett verschattenden Pickup-Platte liegt. Auf diese mag ich nicht verzichten, denn im elektrischen Betrieb werden die vorhandenen akustischen Klangpotentiale von der alten Technik souverän umgesetzt. Ich hatte auch schon andere Tonabnehmer montiert, aber dieses alte Ideal-Gerät toppt sie alle. Hohe Lautstärken (v)erträgt ein solches Instrument natürlich nicht, die werden mit Rückkopplungen bis zur Selbstzerstörung quittiert, aber bis Club-Lautstärke entfaltet sich der runde warme und holzige Jazz-Ton, den man erwartet. Die Einspuler liefern einen überraschend hohen Output und erzeugen einen leicht angezerrten, dennoch transparenten Ton. Ideal für Blues, Swing oder auch Rock ´n Roll. Einzeltöne und Melodien kommen präsent und durchsetzungsfähig. Der Steg-TA alleine klingt, wie erwartet, sehr dünn und höhenreich.
Orchidee

© Uli Weber
Diese Orchidee ist vom Vorbesitzer augenscheinlich sehr intensiv bis in die höchsten Lagen bespielt worden und wurde in ihrem bisherigen Leben wenigstens einmal neu bundiert. Bis auf einen ausgetauschten Wirbelgriff und den fehlenden Schlagschutz ist die Gitarre im originalen Zustand.
Die Pickup-Regler-Einheit aus dem Hause Höfner habe ich nachträglich montiert, kleine Löcher in Zarge und Hals weisen darauf hin, dass dort auch früher schon Ähnliches vorhanden war.
Klanglich hat die Tropenblume einiges zu bieten, sie steht insofern dem Vorbild wohl in nichts nach. Im Klangbild dominieren warme und druckvolle Mitten, was zum Teil auch an den derzeit aufgezogenen 12er d´Addario-Flatwounds liegt. Den Höhen fehlt es im Vergleich zur Spezial de Luxe ein wenig an dem brillianten Schimmern, die Bässe bleiben schlank. Die Gitarre agiert dynamisch mit einem satten Anschlag, einem ordentlichen Sustain und bei Bedarf mit großer Lautstärke und Durchsetzungskraft. Der einspulige Höfner-Diamond-Pickup mit seinem höhenreichen wie auch mittenbetonten Klang ist für die Orchidee ein guter Partner. Ich spiele einen kleinen Fender-Röhrenverstärker, in dieser Kombination ruft die Orchidee die typischen alten elektrischen Jazz- und Blues-Sounds auf.
Record

© Uli Weber
Diese Record hat mich auf einem Flohmarkt angesprochen und wurde als Gegenstück zu der bereits vorhandenen Spezial ungetetstet erstanden. Zunächst musste auch hier der verzogene und heruntergespielte Hals gerichtet werden.
Dieser ist in Konstruktion und Abmessung bis auf das Palisander-Griffbrett übrigens identisch mit dem der Spezial de Luxe. Magnus Krempel hat hier einen Halsstab eingebaut und ein einfaches Ebenholz-Griffbrett.
Der Nullbund wie auch die weißen (und die rote) Blockeinlagen waren für mich ebenso verzichtbar wie die fast rechteckige Halsform. Die doppelte Perloid-Einfassung wurde erneuert; die ursprünglichen einfachen Einzel-Mechaniken gegen solche von Schaller ausgetauscht. Der Pickup ist ein Ibanez „George Benson“, der Schlagschutz selbst gebaut. Auch der Ebenholz-Steg ist ein Ersatz für den ursprünglichen Buchenholz-Steg. Dieses Modell gab es auch im rot-schwarzen Finish sowie auch mit Checkerboard-Randeinlagen. Neben dem hier verwendeten Trapez-Saitenhalter gab es die Record auch mit einem Harfen-Saitenhalter, ähnlich wie er bei z.B. Höfner verwendet wurde. Die Kopfplatte ist nicht eingefasst und kann in der Farbzusammenstellung variieren.
Diese kleine Schlaggitarre ist sehr laut und resonant mit spontaner Ansprache und hellem Klang. Sie klingt sehr offen und transparent bei trotzdem befriedigendem Sustain. Die Bässe klingen trocken, auch erreicht die Record die mittenbetonte Wärme und Fülle ihrer großen Schwestern nicht. Das akustische Klangpotential wird von dem George-Benson-Humbucker lebendig und kompetent übertragen. Eine gute und durchsetzungsfähige Gitarre, die sich nicht nur für Jazz und erdigen Blues sondern auch für moderne Musikstile wie Funk oder Fusion empfiehlt.

Uli Weber, Oktober 2006 ( webulr4@web.de )
