Max Zimmer
von Paco Jimenez Permuy & Stefan Lob


Kurzes Vorwort

Ich freue mich sehr, dass ich meinen spanischen Gitarrenkollegen Paco Jimenez Permuy für diesen Artikel gewinnen konnte. Er hat ein sehr profundes Wissen über das Thema „deutscher Gitarrenbau“. In zahlreichen E-Mails hat er mir seine Ideen und Theorien näher gebracht. Besonders beim Thema „Max Zimmer, in Verbindung mit der Star Serie, der Musima, der Migma und Meinel & Herold“ gibt es mehr Theorien als gesicherte Fakten. In diesem Artikel versuchen wir gemeinsam, Licht ins Dunkel zu bringen.

Max Zimmer

Zimmer ist ein relativ häufiger Name im Vogtland und es war nicht einfach an seine Daten zu gelangen. Mit Hilfe des Musikinstrumentenmuseums und der Kirchengemeinde Markneukirchen ist dies jedoch gelungen. Max Arno Zimmer wurde am 08.12.1901 in Markneukirchen geboren. Er war gelernter Lautenmacher und anhand einer MIGMA Mitgliederliste von 1958 und den uns bekannten, unterschriebenen Migma Zetteln, geht klar hervor, dass er seine Instrumente über die MIGMA vertrieb. Am 12. Mai 1977 (10:00 Uhr) ist er in Markneukirchen verstorben.

Es gibt noch einen weiteren Gitarrenbauer mit dem Namen Max Zimmer. Dieser wurde am 29.03.1874 in Großzöbern im Vogtland geboren und hatte den Zweitnamen Albin. Er lernte bei seinem Bruder Otto Zimmer, Zithern- Lauten- und Geigenmacher und arbeitete später bei Johann Haslwanter in München sowie in Worms und in der Schweiz. Mit August Strohmer arbeitete er bei August Schulz in Nürnberg. Seit 1898 war er in Roßbach (Niederbayern) selbständig und ging 1906 nach Nürnberg. In Nürnberg begann er den Lauten-und Geigenbau und erwarb durch saubere Arbeit und Klangschönheit seiner Instrumente sehr bald große Anerkennung. In seinem Zettel ist der Zusatz Nürnberg vermerkt „Max Zimmer Nürnberg“ und er verwendete ein Brandzeichen mit den Initialen „M.Z.N“. Wir gehen davon aus, dass es keine verwandtschaftliche Beziehung zu unserem Max Zimmer aus Markneukirchen gab.









Zu den Gitarren

Frühes Modell

Hier eine frühe Nachkriegsschlaggitarre mit flachem Boden und Decke. Neben den breiten f-Löchern gibt es ein drittes Mittelschallloch mit einer schön, verzierten Rosette. Die Kopfplatte ist mit unterschiedlichen Furnieren, V-förmig belegt und im Griffbrett befinden sich acht dreiteilige Perloideinlagen, aufgeteilt in eine breite Mitteleinlage und zwei Stricheinlagen. Der Hals mit dem schmalen Halsfuß ist eingeleimt.


© www.vintageaudioberlin.de


Modell im Roger-Stil

Typisch für die Zeit sind die Gitarren im Roger-Stil. Im Vogtland haben viele Gitarrenbauer diese Stilrichtung übernommen. Die f-Löcher werden länger und schlanker. Der Halsfuß bekommt eine große, eckige Form und der Hals ist jetzt geschraubt. Die fehlende oder schwache Riegelung des Ahornbodens wird durch eine spezielle Lackierung, die man auch bei vielen anderen Gitarren aus dem Vogtland findet, kaschiert


© Norbert Klute


Die Form ändert sich

Um das Jahr 1960 ändert Zimmer sein Design radikal. Vielleicht wurde er durch das „Sondermodell“ der Musima Record inspiriert und ging völlig neue Wege. Wie beim „Sondermodell“ der Record formte er die Zarge asymmetrisch und auf der Diskantseite bekam sie eine „Cello-artige“ Ausbuchtung. Die Schalllöcher stach er in einer ganz eigenen Form. Da man die unterschiedlichen Schallloch- Formen durch Metaphern wie Katzenaugen, Tropfenform oder Kometen-Schweif beschreibt würde ich diese als „Peperoni-Schalllöcher“ bezeichnen.

Vom „Sondermodell“ der Record gab es auch ein Modell mit solchen „Peperoni-Schalllöchern“ jedoch um 180° gewendet. Dies kann man in meinem Musima Bericht bei den Bildern der Band „Polars“ sehen (Link setzen).


© anonym mit BR


Gleicher Korpus, andere Kopfplatte

Diese Gitarre hat eine andere Kopfplatte die sehr an die Musima „Paddelform“ Kopfplatte erinnert. Diese Form der Kopfplatte findet man ebenfalls in seinen späteren Star Modellen.


© anonym mit BR










Star Gitarren und Bässe

Musima – Migma – Meinel & Herold - Max Zimmer!

Die Star Gitarren und Bässe gab es in diversen Ausführungen. Durch einen ehemaligen Musima Mitarbeiter weiß ich, dass der „zargenlose Korpus“ bei Musima gefertigt wurde. Dies geschah sicherlich bei der Musima, weil nur diese zu der Zeit über die erforderlichen Spezialmaschinen verfügte. Der Korpus wurde aus zwei gefrästen, massiven Holzplatten hergestellt die aufeinander geleimt wurden. Das so entstandene massive Seitenprofil konnte man schön abrunden. Dadurch entstand diese auffällige Gitarrenform.

Die Idee für zargenlose Streichinstrumente gab es schon länger, aber kein Patent für eine zargenlose Gitarre. Es gibt ein West-Patent von Max Adler aus Bräunigsdorf bei Erlangen vom 19 Juli 1959. Bei Ihm kann man deutlich sehen, dass er diese abgerundete Form in seinem Patent benutzt. Der Unterschied in der Ausführung liegt darin, dass Adler eine Gitarre konzipierte, deren Korpushälften als auch der Hals miteinander verschraubt waren und darum jederzeit wieder zerlegt werden konnten, während die Musima beide Korpushälften verleimte.

Hier klicken und man kann das ADLER PATENT als PDF ansehen!

© Stefan Lob schlaggitarren.de


© Stefan Lob schlaggitarren.de

Warum bei den Star Instrumenten „Patentamtlich Geschützt“ oft auf den Halsfußenden steht ist schwer zu erklären. Ein Problem, liegt darin dass bis heute noch nicht alle DDR Patente digitalisiert worden sind, einige verschollen sind und es auch nicht immer ganz korrekt zuging, was man in diesen beiden Links nachlesen kann:

PATENTE / DIEBSTAHL - Krause für Einheit
PATENTE - Der letzte Erfinder der DDR

Das System der zargenlosen Gitarre wurde später auch in West - Deutschland eingeführt. Beispiele dafür ist Die Höfner „4600“ mit ihrem ultraflachen 1,25“ Wappenformkorpus mit zwei venezianischen Ausschnitten und einem geschraubten Hals. Sie wurde nur in der Zeit von 1968 - 1970 gebaut.

Früher Star Bass (wahrscheinlich 1960)

Wenn man sich diesen Star Bass ansieht wird einem schnell klar, wer den (von der Musima vorgefrästen) Korpus vervollständigt hat; es kann nur Max Zimmer gewesen sein. Vergleicht man die Form, die Schalllöcher in „Peperoni-Form“und die Tatsache, dass ein Migma-Meister Zettel und ein Migma Logo auf der Kopfplatte ist bestätigt unsere Annahme. Die Ausformung des Instrumentes entspricht nicht der klassischen Musima Linie dieser Zeit. Als Tonabnehmer verwendete er einen Rellog Gitona. Diesmal nicht im Griffbrett sondern in einem Schlagbrett untergebracht.


© Lorenzo


Eine interessante Frage von Paco lautet: Wer hat hier wen beeinflusst! Es muss auf jeden Fall eine Zusammenarbeit zwischen der Musima und Zimmer gegeben haben. Wer hier für welches Detail verantwortlich ist und wer die einzelnen Komponenten designend hat ist heute wohl schwer zu klären. Eine wichtiger Aspekt könnte auch die Sache mit dem (vielleicht geklauten/abgewandeltem) Patent sein. Ein kleiner Handwerker hatte wohl keine Chance so etwas zu tun, aber für den Hauptbetrieb der Instrumentenproduktion im Vogtland war es ein leichtes das Patent des Klassenfeinds zu ignorieren. Das sind natürlich nur Spekulationen, aber vielleicht kennt ein Leser dieses Artikels den genauen Sachverhalt und unsere Theorie bestätigen oder korrigieren!

Wenn man sich im Musima Artikel die mit Perloid bezogene Halbakustik Schlaggitarre anschaut, wird man auch viele Parallelen zu der Star Gitarre finden. Für uns ist es solange ein Instrument, das zum Teil bei der Musima gefertigt wurde und der Rest in Zimmers Heimwerkstatt entstanden ist, bis uns jemand vom Gegenteil überzeugt.

Star 61

Alle Gitarren und Bässe der 61er Serie hatten eine flache Decke, einen flachen Boden sowie abgerundete Seiten. Merkwürdigerweise haben die meisten, uns bekannte 61er Modelle, keinen Tonabnehmer, was bei einer solchen Bauweise etwas merkwürdig ist. Tatsächlich findet man bei den Instrumenten keine Schraublöcher die auf eine entferne Schlagplatte mit Tonabnehmer schließen lässt und die Hälse haben keine unbundierten Enden in denen sich ein Rellog verstecken könnte. Die Frage ist: „ kann solch ein Instrument akustisch klingen?“. Ich kann es mir kaum vorstellen aber vielleicht kann uns ein Besitzer einer akustischen Star Gitarre etwas darüber mitteilen.

Diese rote Star 61 wurde über die Migma vertrieben und die 61 wird für das Baujahr stehen.


© dreamis.de


Blaue Star 61- Meinel & Herold

Die meisten Star Gitarren und Bässe wurden feuerrot lackiert und über die Migma vertrieben. Es gab auch anders farbige Modell die Zimmer (oder die Migma?) über den Großhändler Meinel & Herold aus Klingenthal verkaufte.

Diese Blaue Star 61 ist ebenfalls ein rein akustisches Modell. Das weiße Kunststoff -Teil auf der Decke ist nicht original und wurde nachträglich angebracht.


© Ramin Hesse


Creme weiße 61

Hier eine cremefarbene Star 61. Dies ist ein elektrisches Modell. Im Hals ist ein versteckter Rellog eingebaut. Aufgrund des großen eckigen Halsfußes kann man davon ausgehen, dass dies ein ganz frühes Modell ist. Der Poti samt Buchse und Schlagbrett sind wohl nicht mehr original.


© Wutzdog Guitars


Star 62

Die Star 62 Serie hat eine gefräste Hohlkehle in der Decke und ist elektrisch. Der Halsfuß wird schmaler, die Kopfplattenform wird runder und erinnert ein wenig an die „Paddelform“ der Musima. Wie schon bei einigen Modellen vorher zu sehen, trägt die Kopfplatte eine splitterförmige, konkave Verzierung.


© anonym mit BR


Modernere Star Serie

Da man mittlerweile neue Simeto Tonabnehmer zur Verfügung hatte gab es wieder Veränderungen. Die Kopfplattenform entspricht jetzt anderen Instrumenten die zu dieser Zeit über die Migma vertrieben wurden.

Bei der Gitarre sieht man deutlich diese neue Kopfplatte und die typische Simeto Elektronik welche es ab 1964 gab. Sie hat auch die gefräste Hohlkehle, jedoch ändert sich die Schalllochform (kleine Katzenaugen) und der Halsfuß wird runder.


© anonym mit BR


Hier ein Bass aus dieser Zeit

Bei diesem Bass sieht man, nach all den Jahren, immer noch die Grundform der Zimmergitarren, nach dem radikalen Designwechsel.


© Stefan Lob schlaggitarren.de


Massive Star Gitarre

Diese massive E- Gitarre trägt auch den Namen Star. Aufgrund des Vertriebes über die Migma und der Ausformung des Korpus, gehen wir davon aus, dass diese Gitarre auch eine Max Zimmer ist. Die Rellog Tonabnehmer und der große, eckige Halsfuß lassen darauf schließen, dass dies ein frühes Instrument ist.


© Wem gehört diese Gitarre heute? Wir hätten gerne bessere Fotos.


Zimmer und die Blumenaufkleber

Bei der ersten roten Gitarre mit dem Blumenaufklebern (Decal) dachten wir alle, das muss jemand nachträglich aufgeklebt haben. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern wo auf allen möglichen Reinigungsmitteln und anderen Haushaltsprodukten solche scheußlichen Blumenaufkleber zu finden waren, die dann unsere Badezimmer und Küchenfliesen zierten. Paco fand jedoch ein zweite Gitarre mit exakt den gleichen Blumenaufklebern; die blaue Meinel & Herold! Es kann wohl kein Zufall sein, oder stammen vielleicht die beiden Gitarren aus ein und derselben Band die Ihre Gitarren so verziert haben; wohl kaum! Wie müssen uns wohl damit abfinden, dass es diese Geschmacksverirrung wirklich gegeben hat.



Hier eine Druckplatte für den Migma Katalog

Die alten Kataloge wurden mit solchen Druckplatten gedruckt. Ich hab das Bild gespiegelt, damit man die Star Gitarre besser erkennt.


© Rainer Krause von "Antique Guitars"








Hier zwei Spezialanfertigungen

Auf diesem Bild sieht man den Gitarristen Jürgen Kehrt mit einer Doppelhalsgitarre. Es ist eindeutig eine Spezialanfertigung aus der Star Serie. Deutlich erkennt man das Stern Symbol und alles an der Gitarre weist auf Max Zimmer hin. Es war eine Auftragsarbeit für das Hemmann Quintet. Es wurden zwei Gitarren, im Vogtland, in Auftrag gegeben.Später verkaufte Benno Penssler vom Hemann Quartett die Gitarren an Gotte Gottschalk und Jürgen Kerth, die sie bei den Spotlights spielten.


© Gottschalk / Kerth


Hier die zweite, gespielt von Gotte Gottschalk. Diese trägt auch das Stern Symbol und hat einen eingebauten Schüttelvibrato
wie die späteren Musima Vibromatic. In der Gitarre war ein Klingelpendel eingebaut; je nach Länge des Pendels wurde das
Tremolo länger oder kürzer. Dies ist wiederum ein Indikator für die Zusammenarbeit der MUSIMA mit Max Zimmer.


© Gotte Gottschalk



© Jürgen Kerth



Auf dem oberen Bild, mit der Star Doppelhalsgitarre, sieht man Gotte Gottschalk mit einer Georg Reinel Schlaggitarre. Über den Geigenbauer und Händler Reinel aus Erfurt erscheint bald ein Artikel.

Jürgen Kerth spielte ein paar Jahre später eine Migma Gitarre, gebaut von Frank-Peter Dietrich. Über die Geschichte dieser Gitarre und die zahlreichen Umbauten, wird es ebenso einen eigenen Artikel geben.





Gitarre „nach Art“ des Max Adler Patentes

Diese Gitarre scheint so gebaut zu sein, wie es aus dem Adler Patent hervorgeht. Es ist schwer zu sagen, von wem und von wann diese Gitarre ist. Wenn man davon ausgeht, dass alle Parts nicht original sind könnte sie bereits Ende der 50er Jahre gebaut worden sein. Die Griffbretteinlagen sprechen für eine Gitarre aus dem Vogtland aber Adler hätte sich natürlich dort das Instrument bauen lassen können. Es wäre schön, wenn uns der jetzige Besitzer dieses Instrumentes bessere Bilder zur Verfügung stellt und uns ein paar Fragen beantworten könnte.


© eBay






Resümee:

Einige Ausführungen in diesem Artikel sind spekulativ, aber manche Theorien von Paco haben mir mehr zugesagt als meine eigenen. Ich hoffe, wir liegen im Ergebnis nahe an der Historie. Es wäre natürlich interessant, noch Zeitzeugen zu finden, die sich an Details aus dem Leben und Schaffen von Max Zimmer erinnern können. Wir nehmen gerne alle Anregungen auf und würden uns über Bilder von Max Zimmer-Gitarren und Star-Instrumenten freuen. Eine Star mit einem unterschriebenen Migma-Meister Zettel wäre ganz toll, doch leider wurden diese ab den 60er Jahren nicht mehr so oft vollständig ausgefüllt.


Paco Jimenez Permuy


Paco lebt in Spanien und ist sehr am Gitarrenbau interessiert. Eines seiner Lieblingsthemen sind die deutschen Gitarren, besonders die Ost-Deutschen. Er ist ein bekennender MUSIMA-Fan und mit seinem Nickname „Snap“ ist er eine treibende Kraft im „European Guitars Forum“. Dieses Forum sehe ich als eine Bereicherung zu meiner Webseite. Bei den vielen Beiträgen die ich alleine schreibe, versuche ich, das Wesentliche in komprimierter Form, allgemeinverständlich zu dokumentieren. Im European Guitar Forum geht es sehr oft in die Tiefe und es werden Details so lange diskutiert, bis auch die letzten Fragen geklärt scheinen. Pacos Frau, Ainara LeGardon, ist auch Musikerin und Gitarristin. Auf Ihrer Webseite mit super Videos gibt es Infos über sie. Paco betreibt auch eine Heimwerkstatt in der er seine „Lieblinge“ restauriert. Ich bin froh, dass wir es endlich einmal geschafft haben, einen Artikel gemeinsam zu schreiben. Danke Paco für alle Deine Anregungen und Kommentare.









Quellen:

Musikinstrumentenmuseum Markneukirchen
Kirchengemeinde Markneukirchen

Danke an Herbert Rittinger für die Korrektur und Kommentare


Paco Jimenez Permuy & Stefan Lob für Schlaggitarren.de am 25.10.2010

 
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